„Eine ganz einfache Möglichkeit wäre, …“

Was macht eigentlich Rot-Weiß Oberhausen in der schweren Corona-Phase? Die Antwort: Gedanken! Und zwar in vielerlei Hinsicht! RWO-Vorstand Hajo Sommers spricht im exklusiven Interview über Themenpunkte, die alle Fans vermutlich gleichermaßen interessieren. Der 61-Jährige skizziert die aktuelle Situation des Vereins, kommentiert die bisherigen Entscheidungen des Verbandes und gibt einen Ausblick auf Aussichten in naher und etwas entfernter Zukunft. Auch für die Zeit nach der Pandemie hat Sommers eine Idee, wie man für alle Beteiligten aus der Not eine Tugend machen könnte.

Hajo Sommers, die wichtigste Frage vorweg: Wie geht es Dir persönlich?

Es ist alles gut. In den letzten Wochen war es vielleicht etwas stressig und anstrengender. Aber sonst sind zuhause alle gesund, vielen Dank!

Als leitende Person eines Fußballvereins und Betreiber des Ebertbads, also einer kulturellen Einrichtung, ist es nicht immer einfach, Kontakte zu vermeiden. Was machst Du, um dich vor einem Infekt zu schützen?

Wir haben im Ebertbad alles zugemacht – ähnlich wie bei RWO auch. Ich habe noch Kontakte zu Euch hier vom Marketing- und Medienteam, zur Geschäftsstellenleiterin Rita Lütz und zu meinen Vorstandskollegen. Das war es dann aber auch mit sozialen Kontakten.

Thema: aktuelle Situation des Vereins

Die Corona-Pandemie beschäftigt die Menschen in Deutschland mittlerweile seit einigen Monaten. Am 12. März hat sie dann auch Rot-Weiß Oberhausen erwischt. Alles begann mit der Spielabsage der RWO-Partie in Wattenscheid gegen Haltern. Seitdem ruht der Ball. Wir machen mal Bestandsaufnahme: Dass die Mannschaft aktuell nicht trainiert, ist bekannt. Wie sieht es ansonsten an der Lindnerstraße aus?

Dort herrscht nahezu komplette Ruhe. Zwei Personen sind dort noch aktiv. Ein paar Stunden davon hilft Max Gregorius aus. Die einzige Vollzeitkraft ist aktuell Rita Lütz, denn sie muss das alles abarbeiten, was wir beantworten müssen. Anträge, Anfragen und alles, was sonst gerade so reinflattert. Alle anderen Mitarbeiter sind derzeit zuhause.

Das funktioniert über den Antrag zur Kurzarbeit. Der haben alle Mitarbeiter zugestimmt, sodass der Antrag mittlerweile gestellt und sogar schon bewilligt wurde. Wie wurde die Entscheidung zur Kurzarbeit von der Belegschaft aufgenommen?

Eigentlich haben alle sehr positiv reagiert. Man muss sich ja vorstellen, man bekommt nur noch 60 Prozent vom Lohn. Das tut einigen – weil wir ja nicht die Millionenbeträge bezahlen – richtig weh. Sowohl bei den Spielern als auch bei den anderen Mitarbeitern. Ganz besonders hart hat es die Aushilfen getroffen, weil die keine Kurzarbeiter-Gelder bekommen. Die mussten wir jetzt auch erstmal „entlassen“ oder zumindest „freigestellt“. Das betrifft dann unsere ganze Jugendabteilung und alle anderen Bereiche.

Aktuell versucht man, sich mit Aktionen im Internet etwas Luft zu verschaffen. Angefangen hat alles mit den Geisterspieltickets…

Das stimmt. Die Dinger wurden von Sylt bis Bad Tölz verschickt. Es gibt in der ganzen Bundesrepublik anscheinend eine ganze Masse an Menschen, die diesen Verein total gut finden – was ich natürlich absolut nachvollziehen kann. Mich freut es sehr, dass die Aktion so eingeschlagen hat. Wir sind für unseren kleinen Verein – im Vergleich zu anderen Vereinen im Ruhrgebiet – mehr als zufrieden mit dem Ergebnis und können jedem Teilnehmer nur von ganzem Herzen danken, dass er uns da unterstützt. Denn jeder Euro hilft hier weiter, das Ende der Saison zu erreichen – wenn die Saison denn dann mal irgendwann endet…

Des Deutschen liebstes Getränk ist das Bier. Der öffentliche Ausschank ist allerdings in der Corona-Phase nicht gestattet. Bierdeckel laufen in Oberhausen aber auch bombastisch…

Absolut und ziemlich gut sogar. Aber auch nicht überraschend für mich. Als unser Marketingchef mit der Idee um die Ecke kam, dachte ich sofort: „Geil!“ Um das mal zu erklären: Man bekommt die Bierdeckel auch tatsächlich ausgehändigt. Es gibt fünf Sammelmotive. Den sechsten Bierdeckel bringt man dann irgendwann ins Stadion mit und erhält dafür ein Freigetränk. Den ziehen wir dann allerdings ein. Es gibt noch einige weitere nette Ideen. Mal schauen, wieviel Zeit wir noch haben, diese umzusetzen…

Eine dieser Ideen ist der Verkauf von VIP-Sets mit dem goldenen Ticket, dem golden VIP-Bändchen im RWO-Design, dem Sixpack Geister-Pils-Bierdeckel und einem Original Spieler-Trikot. Die RWO-Kreativabteilung ist anscheinend nicht in Kurzarbeit…

Anders… Wenn man die ganze Zeit zuhause rumhängt und einem alles nur noch auf den Sack geht, entwickelt man die besten Ideen. Die schicken wir uns dann gegenseitig zu und schauen, was wir davon umsetzen.

Thema: Entscheidungen des Verbandes

Zum Zeitpunkt der Absage des Haltern-Spiels wusste man bereits, dass drei weitere Spiele ebenfalls nicht stattfinden werden. Am Freitagmorgen wurden dann auch die letzten beiden Sonntagsbegegnungen durch den Westdeutschen Fußballverband (WDFV) abgesagt. Zu diesem Zeitpunkt hast Du bereits den mahnenden Finger gehoben und gesagt, dass wir bei normalem Verlauf der Pandemie in dieser Saison kein Regionalliga-Spiel mehr sehen werden. Das hat Dir anfangs einige Sprüche eingebracht. Rund vier Wochen später bist Du mit der Behauptung immer noch im Rennen. Mittlerweile sind sogar einige andere Vereinsfunktionäre auf dieser Spur unterwegs. War das für Dich so absehbar?

Es ist eine Pandemie! Da ist ein Virus, der greift um sich! Also, wenn jeder Grippevirus schon irgendwas mit uns macht und man sich mal zurückerinnert, was SARS in anderen Ländern angestellt hat, dann ist doch klar, dass keiner das Risiko eingeht, hier zu riskieren, dass wir amerikanische Verhältnisse erleben. Das ist auch gut so! Lieber kein Fußball und alle haben eine Überlebenschance als Fußball und wir lassen links und rechts alles krepieren, was nicht schnell genug auf den Baum kommt! Was nicht in Ordnung ist, ist das, was der DFB gerade macht und was ich von Beginn an eingefordert habe: Es kann nicht sein, dass wir immer noch nicht wissen, ob wir überhaupt nochmal spielen – das möchte der Verband ja gerne. Ob wir diese Saison noch spielen – also bis zum 30. Juni. Oder ob wir vielleicht auch erst im November oder Dezember wieder spielen – und zwar unter dem Mantel der laufenden Spielzeit. Der Vorschlag des Verbandes ist, dass wir die Saison bis zum 30. Juni nächsten Jahres ausdehnen. Schöne Idee! Wovon? Womit? Von welcher Kohle? Mit welchen Spielern? Mit welchen Verträgen? Albern!

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sagte kürzlich im TV-Live-Interview wörtlich: „Veranstaltungen mit mehreren Tausend Besuchern finden in den nächsten Wochen UND Monaten nicht statt!“ Das heißt doch im Umkehrschluss mit Blick auf den Kalender: Geisterspiele ODER die Saison ist gelaufen!!! Richtig??

Genau! Es gibt Geisterspiele von mir aus in der ersten und zweiten Liga. Die sollen machen, was sie wollen da oben. Für die vierte Liga – und wahrscheinlich auch für die 3. Liga – ist das Modell nicht tragbar! Für die Regionalliga bin ich mir mit den Kollegen aus Essen und Aachen einig: Keine Geisterspiele! Das produziert uns Kosten, die wir nicht abdecken können. Mit uns kein Geisterspiel – Punkt!

Klar ist also, dass Geisterspiele in der Regionalliga – zumindest für die großen Klubs – keinen Sinn ergeben. Wie wahrscheinlich ist das Szenario aktuell, die Liga an der Stelle abzubrechen und die Ligen zu reformieren?

Das wäre eine schöne Idee. Anstatt sich ständig darüber den Kopf zu zerbrechen, wann denn wieder gespielt wird, mal andersrum hinterfragen: Was passiert, wenn wir bis zum 30. Juni nicht wieder spielen können? Dieser aktuelle Vorschlag der verlängerten Saison ist albern! Das funktioniert nicht. Dafür fehlen allen die Gelder. Wir können ja nicht einfach Sponsorenverträge für die gleiche Saison nochmal schreiben. Oder wie stellt man sich das vor? Wir leihen uns dann, wenn wir gegen Verl spielen, den Spieler von Verl wieder zurück, weil der noch bei uns gespielt hat und dort vielleicht schon einen neuen Vertrag unterschrieben hat. Abgesehen von der rein rechtlichen Seite sehe da überhaupt keine Grundlage. Eine ganz einfache Möglichkeit wäre, den Amateurfußball jetzt für beendet zu erklären. Da befinden wir uns ja laut Herrn Koch vom DFB – auch mit den ganzen U23-Mannschaften. Wir beenden das jetzt und überlegen uns, wie geht eine Auf- und Abstiegsregelung? Und zwar von ganz oben bis ganz unten – wie sonst auch immer. Und wenn es sein muss, dann bildet man eben eine zweigleisige 3. Liga. Wenn man das so gestaltet bekommt, dass sich das rechnet, dann lasst uns das doch angehen! Da schreien doch eh alle nach! Das kostet den DFB mal etwas Geld, weil die Drittligisten auch nicht auf ihre Fernsehgelder verzichten wollen und sollen. Einfach mal machen!!! Der Satz „Das müssen wir auf dem nächsten DFB-Bundestag entscheiden“, der passt nicht in die Situation. Der ist gefühlt erst in zwei oder drei Jahren. Hömma! Ich bin 61! Wir haben Corona! So viel Zeit habe ich gar nicht, Kollegen! Trefft einfach eine Entscheidung und los geht’s! Wenn wir eine 24er-Liga bauen müssen, kriegt man auch das hin. Andere Verbände machen das vor.

Thema: Aussichten in naher und etwas entfernter Zukunft

Malen wir mal verschiedene Szenarien an die Wand: Option 1: Die Saison wird an dieser Stelle abgebrochen. Mannschaften aus allen Regionalligisten, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben, werden in die 3. Liga übernommen. Diese wird dadurch zweigleisig und mit entsprechenden Derbys aufgewertet. Was würde das mit Rot-Weiß Oberhausen machen?

Wir würden dann aufsteigen, weil wir den Antrag gestellt haben. Dazu gibt es zwar Nachfragen von Verbandsseite, aber das ist alles lösbar und wir würden mit den anderen Antragsstellern in die 3. Liga gehen. Ob sie ein- oder zweigleisig wäre, ist dabei außen vor.

Option 2: Die Regionalliga wird an dieser Stelle abgebrochen und nach jetzigem Stand gewertet. Verl geht also in die Relegation, RWO geht leer aus. Was macht das mit RWO?

Wir bleiben in der Regionalliga und machen das, was wir seit acht Jahren machen. Anders ausgedrückt: Es würde nichts Besonderes mit dem Verein machen.

Option 3: Die Regionalliga wird nach der Corona-Pandemie weitergeführt und versucht, bis 30. Juni, durchgedrückt, weil dort die Spielerverträge auslaufen. Was macht das mit RWO?

Wenn wir keine Geisterspiele spielen wollen, sage ich, dass dieser Fall ausgeschlossen ist. Wenn wir das nicht müssen, wird kein Spiel mehr bis 30. Juni stattfinden. Wir sind ja nach heutigem Stand noch gar nicht am Höhepunkt der Corona-Pandemie angekommen. Das Virus wird über Ostern noch ein paar Meter machen, behaupte ich mal, ohne Virologe zu sein. Danach brauchen wir noch zwei Wochen. Dann wird die Bundesregierung einzelne Dinge aufmachen, weil sie das muss oder auch will. Da haben dann Schulen und Kindergärten Vorfahrt. Dann wird wieder auf die Ansteckungskurve geschaut, wie das Virus sich entwickelt. Wenn das wieder besser wird, geht es weiter mit Restaurants, in denen man problemlos Tische auseinanderstellen kann. Und irgendwann – ganz am Ende dieser Fahnenstange – kommen Großveranstaltungen. Die werden dann wahrscheinlich neu definiert und bereits ab 200 oder 500 Personen oder so gelten. Ich sage, es wird nicht mehr gespielt – Punkt!

Haben wir eine Option vergessen?

Ja. Und zwar die Option „Es wird nicht besser“. Es gibt eine zweite Coronawelle, es wird sich wieder angesteckt und das ganze geht noch sechs Monate. Aber dann müssen wir uns über das Thema „Fußballspielen gegen Geld“ mal absolut gar keine Gedanken mehr machen. Wir spielen dann wieder mit zwei Taschen als Torpfosten auf den Bolzplätzen, weil wir dann ganz viel Zeit haben.

Die Kurzarbeit ist auch kein Zustand für die Ewigkeit, sondern begrenzt auf maximal zwölf Monate. Wie ist der Plan zur Rückführung, wenn es irgendwann grünes Licht von der Regierung gibt?

Wir würden auch zurückführen, aber langsam und nicht alle auf einmal natürlich. Was wir zuerst brauchen, sind Spieler, Trainer und Funktionsteam. Aber so richtig haben wir uns mit dem Szenario noch nicht beschäftigt, weil wir im Vorstand davon ausgehen, dass wir diese Saison abhaken können. Wir planen bereits für die kommende Spielzeit, wann auch immer diese startet. Und wir planen auch für die Regionalliga, weil wir nicht daran glauben, dass sich beim DFB irgendjemand dazu entscheidet, eine Entscheidung zu treffen, für die er dann auch noch verantwortlich sein könnte. Ein bisschen Hoffnung ist da, aber mehr auch nicht. Ansonsten planen wir vierte Liga. Wir müssen einen neuen Trainer suchen. Wir müssen Sponsoren fragen, ob sie überhaupt noch Geld geben oder geben können. Die Etatplanung – das ist momentan das, was wir vorantreiben. Wie bei den meisten Regionalligisten wird auch unser Etat schrumpfen. Im Fußball wird so schnell nichts mehr sein, wie es vor dem Befall war. Das wird sich irgendwann wieder einpendeln und irgendwann gibt es auch wieder 200 Millionen für einen Spieler, aber erstmal wird alles kräftig eingedampft. Die Vereine, die überleben, haben eine Chance, in der Liga zu spielen. Alle anderen werden auf der Strecke bleiben. Die fangen ganz unten oder mit etwas Glück in der Landesliga wieder an. Sorry!

Dann drücken wir mal die Daumen, dass der Verein mit möglichst wenig Schaden durch die schwere Zeit kommt und bald wieder zur Normalität übergehen kann. Noch einmal herzlichen Dank an alle Unterstützer da draußen und Herzlichen Dank an dich, Hajo, für das ausführliche Gespräch!

Ich darf mich auch nochmal ausdrücklich bei allen bedanken, die bereits gespendet haben oder noch die Absicht haben. Bei allen, die Mails geschickt haben. Bei allen, die in dieser Zeit einfach unglaublich nett sind. Ich finde, wir haben da gemeinsam in den letzten Jahren einen geilen Verein gebaut. Unser aller Aufgabe ist es nun, das Überleben zu sichern und dann zu schauen, dass und wie es weitergeht! Danke und bleibt alle gesund!

Quelle RW Oberhausen

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