Kaum ein Name ist mit dem heimischen Fußball, insbesondere in der Vitusstadt Mönchengladbach so verbunden, wie der Name Dieter Kauertz. Fast 800 Spiele (genau genommen 786) Spiele leitete der heute 66-Jährige seit 1981. Inzwischen ist er als Schiedsrichterbeobachter für den FVN tätig und kommt auch bei dieser Aufgabe zu mittlerweile über 200 Einsätzen. Doch nicht nur als Schiedsrichter ist er vielen im Gedächtnis geblieben, viele kennen ihn auch als Stimme der Hallenstadtmeisterschaft in der Jahnhalle in Mönchengladbach.
Amafuma traf Dieter Kauertz und sprach mit ihm über seine Karriere, den Wandel im Amateursport und über strittige Themen, wie z.B. den Videoschiedsrichter:
Wie bist Du zur Schiedsrichterei gekommen?
1975 war ich mit 21 Jahren ,damals übrigens der jüngste im Fußballkreis Grevenbroich-Neuss, für vier Jahre Jugendleiter Fußball beim TuS Grevenbroich. Beim TuS bin ich mittlerweile seit 55 Jahren Mitglied und habe alle Jugendmannschaften dort durchlaufen. Da in der „Bauernliga“ bei Jugendspielen nicht immer ein Schiedsrichter erschien, durfte ich mit meinem Jugendleiter-Ausweis bevorzugt Jugendspiele leiten. So durfte ich mehrmals Jugendspiele leiten, weil kein Schiedsrichter kam oder angesetzt war, und dies hat mir Spaß gemacht.
Später als Ersatzspieler und Betreuer der Reservemannschaft des SV Steinwenden-Weltersbach, in der Bezirksliga in der Pfalz, wo ich vier Jahre lang von Jan. 1980 bis Dez. 1983 beruflich tätig war, wurde ich das ein oder andere Mal gebeten, ein Spiel der Altherren-Mannschaft zu leiten. Nachdem ich einmal von Spielern meines Vereins so stark kritisiert worden war, obwohl ich mir sicher war, es richtig und fair gemacht zu haben, war dies das Schlüsselerlebnis, um mich als Schiedsrichter anzumelden und mir das offizielle Regelwerk anzueignen. Das war im August 1981.
Hast Du selber aktiv Fußball gespielt?
Ja, auf einem Kirmesplatz groß geworden und dann seit meinem 10. Lebensjahr beim TuS Grevenbroich. Mit der D-Jugend wurden wir in meinem zweiten Jahr (als rechter Verteidiger) dank hervorragender Mitspieler sogar Kreismeister im Kreis Grevenbroich-Neuss. Nach C- und B-Jugend habe ich wegen meines Abiturs, und weil ich nur Reservespieler war, auf die beiden A-Jugend-Spielzeiten verzichtet und danach in der III. Mannschaft in der Kreisliga C bis zu den Alte Herren weitergespielt. Als Verteidiger wusste ich, wie Foulspiele gingen und das hat mir beim Pfeifen genützt. Zeitweise habe ich samstags Alt-Herren gespielt ,bis 1990, und sonntags immer gepfiffen.
Bist du jemals körperlich angegangen worden auf dem Platz bzw. nach dem Spiel?
Nein, Gott sei Dank nicht einmal! Ich war 1985 auch nur ein einziges Mal vor der Kreisspruchkammer, aber das auch nur als Zeuge, weil in einem heißen Lokalkampf vor 150 Zuschauern in Korschenbroich ein heimischer Spieler das Spielfeld verlassen und einen Zuschauer des benachbarten Dorfes geschlagen hatte. Aber ich musste 1982 schon einmal durch eine „hohle Gasse (Schirme und erhobene Arme) gehen, weil ich in einem Bezirksligaspiel in der Pfalz habe nachspielen lassen und der TuS Bolanden dann den 3:4 Gegentreffer des SV Niederauerbach kassierte.
Nach einem Landesligaspiel beim SV Emmerich-Vrasselt mit zwei Roten Karten gegen zwei Bottroper Brüder hat man mir die Luft aus einem Autoreifen gelassen. Ansonsten war alle brav.
Was würdest du sagen? Was war der schönste Moment deiner Karriere?
Schwierig! Es gab viele schöne Momente in meiner Schiedsrichterkarriere. Besonders gerne denke ich an alle Hallenstadtmeisterschaften in der Jahnhalle in Mönchengladbach. Natürlich auch an die Freundschaftsspiele mit den Profis von Borussia Mönchengladbach am Aber auch an die Spiele zum Jubiläum von Borussia im Bökelbergstadion vor 15.000 Zuschauern am 30.07.2000 das Traditionsspiel zwischen Borussia 1970/80 und Borussia 1980/90 sowie der Pokalsiegermannschaft von 1960 und einer Stadtauswahl Mönchengladbachs.
Die meisten Zuschauer sahen mich beim Abschiedsspiel von Tiger Stefan Effenberg im Borussia Park mit FIFA-Schiedsrichter Alfons Berg aus Konz und Schiedsrichterassistent Markus Fliege vor 37.000 Zuschauern. Das Spiel endete damals 6:6. Auch bei Freundschaftsspielen des Rheydter SV gegen Bundesliga-Mannschaften, z.B. gegen Alemannia Aachen als Schiedsrichter und Fortuna Düsseldorf als Assistent durfte ich dabei sein.Natürlich erinnere ich mich auch gerne an ein Spiel zwischen dem Polizei SV und der Uwe-Seeler-Portas-Elf (u.a. mit Wolfgang Overath und weiteren Nationalspielern wie Rolf Rüßmann, Klaus Fischer, den Förster Brüdern) vor 1.500 Zuschauern am 24.05.1990.
Im Juni 1986 durfte ich das Abstiegsduell in der Landesliga zwischen dem SV Walbeck und dem VfL Benrath vor 750 Zuschauern leiten. Am 28. Mai 1991 wurde der SC Hardt gegen die SpVg Odenkirchen 05/07 durch ein 2:2 vor 80 Zuschauern Meister der Kreisliga A. Am 05. Juni 1994 wurde der Bezirksligist FC Rumeln-Kaldenhausen durch ein 1:0 über den MSV Moers vor 100 Zuschauern Aufsteiger in die Landesliga.
Ein schöner Moment war natürlich auch die Wahl zum „Schiedsrichter des Jahres 2004“ – verbunden mit Wanderpokal und Urkunde. „Aufgrund seiner Erfahrung, seiner Ruhe und Umsicht behält Dieter Kauertz auch brisante Spiele stets im Griff – weshalb er bei Fußballern und Vereinen in MG + VIE und am Niederrhein hohes Ansehen genießt. Dieter ist einer, auf den man sich immer 100%-ig verlassen kann, der sein Hobby ernst nimmt, sich auf seine Aufträge gewissenhaft vorbereitet und stets konzentriert zu Werke geht. Dabei vergisst er nie die menschliche und sportliche Seite des Fußballs. Mit einem Lächeln, einem freundlichen Wort oder einer beruhigenden Geste kann Dieter rasch erhitzte Gemüter beruhigen.“, waren die Worte von Kreis- Schiedsrichterobmann Markus Fliege.
Am 15.01.2018 wurde ich vom Deutschen Fußball-Bund DFB für vorbildliche ehrenamtliche Leistungen im Schiedsrichterwesen mit der Urkunde „Danke Schiri“ ausgezeichnet.
Was war die schwierigste Entscheidung als Schiedsrichter?
Nicht wirklich „schwierig“, aber negativ und unendlich traurig machte mich meine Entscheidung, das Bezirksliga-Spiel zwischen dem SC Waldniel gegen den SV Neukirchen abbrechen zu müssen. Ein 23-jähriger Spieler verstarb ohne Gegnereinwirkung auf dem Spielfeld, und das noch vor den Augen seiner Mutter und seiner Freundin.
Schwierig zu leiten war mein „heißestes“ Spiel bei 37°C im Schatten am 26.08.2001 beim BZ-Spiel zwischen Rheinwacht Stürzelberg und dem BV Wevelinghoven auf dem Aschenplatz!