Sportjournalisten jeglicher Couleur beschreiben Carlo Ancelotti gerne sehr vollmundig als faule Socke. Okay, die meisten Sportjournalisten sind keine Experten für das Thema Leadership. Sie könnten allerdings durchaus wahrnehmen, dass der ehemalige Nationalspieler als erster Coach überhaupt fünf Mal ein Endspiel in der Champions League erreicht hat.
Allerdings hat er schon mehrfach Fußballgeschichte geschrieben: Ancelotti ist der einzige Coach, der in den Top-5-Ligen Europas jeweils den Titel holte, und zwar mit Real, Bayern, PSG, Chelsea und Milan. Außerdem ist er zwei Mal Weltklubtrainer des Jahres, zwei Mal FIFA-Klub-Weltmeister, drei Mal UEFA-Cup-Sieger und erfolgreich in allen führenden Ligen Europas. Was zeichnet diesen Trainer aus? Ist es seine Führung? Die Antwort ist ein klares Ja.
Ancelotti wird gehuldigt – seine Führung ist erfolgreich wie nie. Entsprechend ausgeprägt sind auch die Lobeshymnen seiner Spieler für „Carletto“. Als „überragend“ beschrieb ihn Kroos knapp. „Er ist wie ein Vater, der auch streng sein kann, aber herzlich, scherzend, freundlich ist“, erklärte Torwart Thibaut Courtois, als das Team seinen Mister in die Luft warf und später Bilder von den Feierlichkeiten postete, auf denen Ancelotti mit Zigarre und Sonnenbrille mittendrin war.
Dabei schien sich der 62-Jährige nach seinem Rauswurf beim FC Bayern München im September 2017 bereits auf dem Abstellgleis zu befinden. Entsprechend groß war die Skepsis, als ihn Real-Präsident Florentino Pérez zurück nach Madrid holte. Allerdings plädierte die Mannschaft um Cristiano Ronaldo schon damals für einen Verbleib des wie jetzt auch wieder absolut beliebten Spielerverstehers an der Seitenlinie. Ancelottis Scheitern in München hatte vor allem zwei Gründe: seine eigene eher mediterrane Einstellung zum Job und sein Vorgänger Pep Guardiola, der ein absoluter Workaholic ist. Der Katalane führte die Bayern-Profis drei Jahre lang transaktional und achtete während der Trainingseinheiten auf jedes Detail. Das Beispiel zeigt deutlich, wie wichtig ein der Situation angepasstes Führungsverhalten ist. Eine vergleichbare Situation gab es auch bei RB Leipzig mit Jesse Marsch. Jesse sagt ganz offen: „Ich habe mich in Leipzig nicht wohlgefühlt. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich dort hinpasse.“ Wenn das Team und der Führungsansatz nicht zusammenpassen, egal ob transaktional oder transformational, dann ist das grundsätzlich keine gute Idee. Das kann sogar eher für Demotivation sorgen – vor allem bei den Leistungsträgern.
Quelle: Manfred Batz, Michael Schäfer
Fachbuch: Jeder Tag ein Finale
September 2022
Vorabdruck aus den Kapitel: Carlo Ancelotti – eine coole Socke
„Jeder Tag ein Finale“ ist ein Buch mit Substanz, Charme und Witz. Sehr kurzweilig beschreiben die Autoren, wie wichtig Authentizität, Resilienz, Fokussierung, Führung, Selbstbewusstsein, Demut, Agilität, Mentalität und Disziplin im Privatleben, im Business und auch im Fußballsport sind.
Die lebhaften und spannenden Storys, die Michael Schäfer und Manfred Batz für ihr Buch sehr behutsam ausgewählt haben, entstanden durch den beruflichen und privaten Kontakt zu interessanten Persönlichkeiten aus den Bereichen Fußball und Business.
Anhand der anschaulich erzählten Geschichten erfahren die Leser hautnah, welche Finale Carlo Ancelotti, Ralf Rangnick, Julian Nagelsmann, Steven Jobs, André Breitenreiter und weitere Persönlichkeiten wie beispielsweise der Kommandant des Atom-U-Bootes USS Santa Fe, Kapitän David Marquet, aber auch Pep Guardiola, Cristiano Ronaldo, Jürgen Klopp, Uwe Seeler und Henry Ford erfolgreich bestritten haben – die Dramen, Niederlagen, Tränen, Pannen und Momente der Freude eingeschlossen.
Eine Andeutung von Tiefgründigkeit erhalten die Storys durch die besondere Verknüpfung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Doppelpass, der in diesem Buch zwischen Fußball und Business gespielt wird. Wichtig ist den Autoren dabei, dass jeder Pass am Ende genau ankommt.
Quelle: Manfred Batz